Der Fischer Krugtag

Schenkkanne der Lübecker Gothmund-Fischer

Die einzelnen Fischerämter hielten bis 1890 jährlich zwei Krugtage ab, den Maikrugtag und den Michaeliskrugtag, die immer in einer Gastwirtschaft stattfanden. Noch heute halten die Genossenschaften der Fischer jährlich einen Krugtag ab, und zwar im Herbst. Der zweite Krugtag wurde aus finanziellen Gründen fallengelassen.

Eine halbe Stunde vor Beginn des Krugtages begab sich das sogenannte kleine Amt vom Hause des Ältermannes in die Gastwirtschaft. In der Mitte der ersten Reihe ging der Ältermann mit dem Regimentsholz, an seiner rechten Seite der Mitälteste und links der Schriftführer. In der zweiten Reihe gingen die Lademeister mit der Amtslade, in der die Rolle war. In der letzten Reihe dann die Deputierten, alle im schwarzen Anzug mit einem Zylinder auf dem Kopf. Diese Sitte hat sich bis heute nicht erhalten.

Die Musikanten, die vor der Wirtschaft Platz genommen hatten, fingen an zu spielen, sobald der Vorstand in Sicht kam, und hörten erst auf, als der Vorstand den Krug betreten hatte. Nach und nach kamen die anderen Fischermeister und Gesellen, alle wurden von den Musikanten begrüßt. Noch heute wird danach verfahren. Waren alle erschienen, eröffnete der Ältermann den Krugtag. Er begrüßte die Anwesenden und bat den Schriftführer, die Abrechnung zu verlesen. Nachher wurde noch alles Geschäftliche besprochen.

Wurde ein Geselle zum Meister befördert oder ein neuer Meister aufgenommen, so erhoben sich die beiden Ältermänner. Der wortführende Ältermann hob den mit Braunbier gefüllten Willkommen (Humpen), und der Mitälteste hielt den Deckel. Der vom Gesellen zum Meister beförderte Fischer wurde an den Vorstandstisch gebeten, und der Ältermann sagte: "Bis heute bist du Geselle gewesen, vom heutigen Tage an wirst du als Meister unter uns aufgenommen. Dazu will ich dir einige Regeln vorsagen, wo du dich streng nach zu verhalten hast. Wenn du auf dem Wasser arbeitest, so arbeite so, daß du keinen Mitbruder behinderst. Kommt dir einer zu nah, so melde es deinem Ältermann. Hast du Recht, so bekommst du Recht, hast du Unrecht, so wirst du mit Recht bestraft. Wenn du eine Vorladung bekommst, so mußt du gleich erscheinen, das ist besser, als wenn dein Ältermann zu dir kommt. Ich kann dir nicht alles vorsagen, dazu sind die Morgenspraken zweimal im Jahr, wo dir alles vorgelesen wird. Nun will ich dir zutrinken und du sollst mir Bescheid tun als junger Mitbruder. Glück zu diesem Trunk, aus lauter Lieb und Gunst, aus lauter Lieb und Freundlichkeit meinem Mitältesten, dem Schriftführer, den Lademeistern, den Deputierten und unserer ganzen Brüderschaft ihrer Gesundheit, Vivat".

Er trank, während die Musikanten einen Tusch spielten. Dann reichte er dem jungen Mitbruder den Willkomm und dieser sprach: "Glück zu diesem Trunk, aus lauter Lieb und Gunst, aus lauter Lieb und Freundlichkeit den beiden Älterleuten, dem Schriftführer, den Lademeistern, den Deputierten und der ganzen Brüderschaft ihrer Gesundheit, Vivat".

Nachdem er seinen Beitrag bezahlt hatte, ging er an seinen Platz zurück. Jetzt wurde auch Schnaps von den jüngeren Meistern ausgeschenkt, auch wurde dem Braunbier tüchtig zugesprochen. Nachdem die Musikanten noch einige Stücke gespielt hatten und von den Anwesenden Lieder gesungen waren, gab es Kaffee und Kuchen. Dieser wurde mit den Frauen und Kindern eingenommen. Dann verschwanden die Meister und Gesellen bis zum Abendbrot, nur der Vorstandstisch blieb besetzt. Jetzt erschienen der Pastor mit seiner Gattin und noch andere Gäste. Jedem Gast wurde Schnaps und Bier angeboten, wofür er in die Amtsbüchse ein Trinkgeld zu zahlen hatte. Abends wurde im Saal fleißig getanzt.

Ein alter Brauch, der sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat, ist das Hänseln. Zu diesem Zweck wird der Willkomm mit Braunbier gefüllt, und der Ältermann nimmt den Humpen, während der Nachbar den Deckel hält, er sagt einen Spruch auf, z.B.: "In Sturm und Wetter ist Gott unser Retter, Vivat!" Dann trinkt er und die Musikanten spielen einen Tusch. Jetzt geht der Willkomm die Reihe herum, während der Nachbar immer den Deckel hält, muß der Nächste einen Spruch aufsagen, um dann aus dem Willkomm zu trinken. Wer keinen Spruch weiß, muß Strafe in die Amtsbüchse zahlen. Die Höhe der Strafe wird vom Ältermann festgesetzt, und die Fischerbrüder werden um ihre Zustimmung gebeten. Ist die Strafe bezahlt, muß sich der Bestrafte auch noch beim Ältermann bedanken. Tut er dieses nicht, wird eine weitere Strafe gegen ihn verhängt.

Diese Sitte hat sich bis heute erhalten, denn noch immer feiern die Gothmunder und Wakenitzfischer jährlich am ersten Samstag im September ihren Krugtag.

 

Lit.: Mitteilungen des Vereins für Lübsche Geschichte und Altertumskunde, Band 7 1895/96, Seite 163

 

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