Die Wakenitzbereisung

Schild der Wakenitzfischer

Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts wurde bis 1848, also 200 Jahre lang, regelmäßig die Wakenitz befahren. Früher in längeren Zeiträumen, zuletzt alle zwei Jahre von den Herren der Wette und des Bauhofes. Befahren wurde die Wakenitz und der untere Teil des Ratzeburger Sees, um die Rechte der Stadt zu wahren und sich vom Zustand des Fahrwassers, von der Beschaffenheit der Grenzen und von der genauen Beobachtung der in Bezug auf die Fischerei erlassenen Anordnungen zu überzeugen. Seit der Franzosenzeit wurde auf alles Festliche verzichtet, während die Bereisung früher mit vielen Feierlichkeiten verbunden war.

In Wagen, die vom Marstall und vom Bauhof gestellt wurden, begaben sich die Mitglieder des Rates, in Begleitung des Stadtbaumeisters, des Marktvogtes, des Vorsitzenden der Wette und eines Senatssekretärs, der mit der Führung des Protokolls beauftragt war, zum Fischerbuden. Hier bestiegen sie ein größeres, der Stadt Lübeck gehörendes Lustboot, das von den Arbeitern des Bauhofes und von Soldaten der Stadtmiliz gerudert wurde. Hier schlossen sich auch die Wakenitzfischer, deren Zahl 14, später 16 betrug, mit ihren Booten an.

Bei der Fahrt stromaufwärts wurde genau darauf geachtet, ob sich die Herrenburger und Grönauer Bewohner an den Lübecker Rechten und Grenzüberschreitungen schuldig gemacht hatten. Dieses wurde im Protokoll festgehalten, um sich später bei den benachbarten Regierungen zu beschweren. Diese haben aber nur selten etwas dagegen unternommen.

Bei dieser Bereisung wurde auch nachgesehen, ob der Stadtbaumeister die nötigen Vorkehrungen getroffen hatte um die Wassertiefe zu erhalten und das Kraut zu beseitigen. Die Austiefung wurde anfangs mit dem Handketscher, später durch die sogenannte Schlammühle vorgenommen. Da bei diesen Arbeiten sehr viel Unrat wieder in die Wakenitz fiel, wurde in den neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts ein Bagger eingesetzt. In einem Protokoll von 1794 heißt es, durch die Mühle und den Bagger wurde Schlamm ausgetrieben und an Land geworfen. Den ganzen Sommer waren acht Arbeiter mit der Vertiefung und Reinigung beschäftigt, trotzdem wurden wiederholt Klagen laut, daß die Schiffahrt durch Kraut behindert werde.

Sobald das Lustschiff mit den Fischerbooten sich Rothenhusen näherten, das als Grenzposten mit einer Wache versehen war, wurden aus den dort befindlichen drei Geschützen Salut geschossen, zuletzt geschah dieses im Jahre 1810. Die Wachposten haben aber nicht immer auf dieses Ereignis reagiert. Laut Protokoll von 1673 konnten sie nicht schießen, da die Geschütze in einem erbärmlichen Zustand waren und sie auch kein Pulver hatten.

Von Rothenhusen wurde der Ratzeburger See befahren. Zuerst wurde aber untersucht, ob auch Lauenburger Fischer an verbotenen Stellen Fischkörbe ausgesetzt hatten. Fanden sich solche, wurden sie aufgenommen oder mit dem Ruder zerstört. "Wenn es alle Woche geschehen", heißt es im Jahre 1641, "und die Körbe dergestalt vernichtet würden, sollte endlich den Seeräubern verdrießen und dieses Gewerbe müde werden." Es wurde auch nachgesehen, ob ein Lauenburger Fischer unbefugt den Fischfang im Lübecker Raum betreibt, dieses war selten der Fall, da sich die Befahrung der Wakenitz schon vorher herumgesprochen hatte und sich jeder hütete, zu diesem Zeitpunkt auf dem See zu sein. Als dennoch 1673 ein solcher Fischer nahe Rothenhusen erblickt wurde, befahlen die Herren, wie es im Protokoll heißt, auf ihn loszugehen. "Er hat aber unsere Ankunft nicht wollen abwarten, sondern ist mit großer Arbeit und genauer Noth in Nobiskrug hineingeschlichen und hat sein Fischerbötlein vom Strande ans feste Land gewälzt".

Wenn es keine Fischerkörbe zu zerstören gab oder Fischer zu verfolgen, fuhr man zu dem Mecklenburger Dorf Campow, wo bei einer oberhalb der Ortschaft gelegenen kleinen Schlucht ausgestiegen wurde, um das dort befindliche Grenzzeichen des Lübeck zuständigen Teiles des Ratzeburger See zu begutachten. Die hohe Buche, die in der Verkaufsurkunde des Herzog Albrecht II. von Sachsen vom 19. Mai 1291 (siehe Urkundenbuch der Stadt, Verein für Lübeckische Geschichte Teil I, 1843) erwähnt ist, war Mitte des 17. Jahrhunderts nicht mehr vorhanden. An ihrer Stelle war eine andere Buche gewachsen, in welche das Lübecker Grenzzeichen eingebrannt war. Als die Buche in der Mitte des 18. Jahrhunderts von den Bewohnern des Bistums Ratzeburg gefällt war, bildete ein großer ovaler Felsblock das Grenzzeichen, auch der ist heute nicht mehr vorhanden. Nach der Besichtigung des Grenzzeichens wurde auf das Wohl der Stadt Lübeck ein Glas Wein getrunken. Ein mitgebrachter Trompeter ließ seine Trompete erschallen und die Fischer schossen ihre Büchsen ab. Dann wurden wieder die Boote bestiegen und unter Trompetenschall und Büchsenknall wurde der Ratzeburger See überquert zum Dorfe Pogeez. Hier wurde aber nicht angelegt, sondern es wurde gewendet und nach Rothenhusen zurück gefahren. Vorher überzeugte man sich, ob die Lübecker Fischer dem ihnen Jahr für Jahr erteilten Auftrag nachgekommen waren, das Schilf zu mähen, eine Arbeit, die von den Wakenitzfischer als Graskrieg bezeichnet wurde.

Sobald die Boote wieder in die Wakenitz einliefen, wurde erneut von Rothenhusen aus Salut geschossen. Die Fahrt ging dann weiter bis Falkenhusen oder bis zum dritten, Anfang 1800 bis zum zweiten Fischerbuden. Hier war inzwischen auf Einladung der Herren der Wette ein herrliches Mittagessen hergerichtet. Meistens waren nun noch einige Ratsmitglieder und zuweilen auch die Frauen der an der Fahrt beteiligten Personen erschienen. Bei diesem Essen ging es nach alter Sitte hoch her. Von den Dienern des Rates, die man hatte nachkommen lassen, wurde eine Fülle von Speisen aufgetragen, dazu gab es Rheinwein, Malvasier und Rommeldeuß, später auch Rotwein und Champagner. Den Getränken wurde kräftig zugesprochen. Um den Frohsinn noch zu erhöhen lieferte eine 5 Mann Kapelle eine heitere Tafelmusik. Gleichzeitig wurde für die Fischer, die Diener und das gesamte sonstige Gefolge eine Tafel hergerichtet, an der ging es ebenso feuchtfröhlich zu. Nach der Mahlzeit fuhren die Herren und Damen in den von Marstall und Bauhof gestellten Wagen nach Lübeck zurück. Bei schönem Wetter wurde die Wasserfahrt bis zur Schafferei fortgesetzt, hier warteten dann die Wagen, um die Festgenossen nach den vielen Anstrengungen des Tages sicher in ihre Wohnungen zu bringen.

 

Lit.: Verein für Lübeckische Geschichte Heft 8 S, 18-22 (1897-98) Urkundenbuch der Stadt, Verein für Lübeckische Geschichte Teil I (1843)

 

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